Vom Braunbär zum Stressmanager

Es gibt Hormone, die unser Überleben gesichert haben. Cortisol gehört dazu. In der Steinzeit war es die Antwort des Körpers auf Gefahr: Raschelte ein Braunbär im Gebüsch, schoss Cortisol nach oben, machte Zucker sofort verfügbar, blendete Schmerzen aus und schärfte alle Sinne. Innerhalb von Sekunden war der Körper bereit, zu rennen oder zu kämpfen. Ohne dieses Hormon hätten unsere Vorfahren kaum überlebt.

Heute lauern keine Bären und Wölfe mehr in unserem Alltag, doch die Cortisol-Maschinerie arbeitet wie damals. Sie springt an bei Deadlines, Konflikten, Überstunden, Schlafmangel oder beim nächtlichen Gedankenkarussell. Das Problem: Wir fliehen nicht, wir kämpfen nicht, wir sitzen vor dem Bildschirm – und die bereitgestellte Energie wird nicht verbrannt, sondern als Fett gespeichert, bevorzugt am Bauch. So entsteht das Paradox: Der Körper glaubt, uns zu retten, während er uns schleichend schadet.

Wenn Cortisol dauerhaft hoch bleibt, hat das Folgen. Der Schlaf wird flach und unruhig, weil der Abend-Abfall fehlt. Die Psyche gerät aus dem Gleichgewicht, Reizbarkeit, Nervosität und sogar depressive Verstimmungen sind dokumentierte Folgen. Metabolisch ist Bauchfett das sichtbarste Zeichen, doch dahinter steckt mehr: viszerales Fett treibt Entzündungen an, fördert Bluthochdruck, Insulinresistenz und bremst den Fettabbau weiter. Auch das Immunsystem wird geschwächt – Cortisol ist entzündungshemmend, aber zu viel davon blockiert die Abwehrkräfte. Auf Dauer steigt so das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Immunschwäche.

Unser Körper besitzt allerdings ein eingebautes Gegengewicht: das Endocannabinoid-System. Während Cortisol das Gaspedal drückt, wirken die körpereigenen Cannabinoide Anandamid und 2-AG wie eine Bremse. Sie binden an Rezeptoren im Gehirn und in Organen und sorgen dafür, dass der Stressimpuls nicht endlos weiterläuft. Gerät dieses System selbst aus der Balance – durch Schlafmangel, Dauerstress oder schlechte Ernährung – fällt die Bremse schwächer aus, Cortisol bleibt oben, und der Körper findet schwerer zurück in den Ruhemodus.

Was also tun? Der Schlüssel liegt in Routinen, die dem Körper helfen, den Takt wiederzufinden. Guter Schlaf ist die Basis, denn schon eine Nacht mit zu wenig Schlaf erhöht die Cortisolwerte am Abend messbar. Licht am Morgen wirkt wie ein biologisches Reset – Sonnenlicht oder zumindest helles Tageslicht signalisiert: jetzt darf Cortisol hoch. Bewegung hilft, das Hormon später wieder zu senken, idealerweise moderat und regelmäßig. Atmung ist ein sofortiger Hebel: längeres Ausatmen als Einatmen aktiviert den Parasympathikus, die körpereigene Ruhebremse. Yoga und autogenes Training verbinden diese Elemente – Bewegung, Atmung, mentalen Fokus – und zeigen in Studien, dass sie Cortisolspiegel und Stressreaktionen senken können.

Und hier kommen CBD und CBG ins Spiel. CBD verhindert, dass der Körper zu schnell eigenes Anandamid abbaut, und verstärkt damit die Bremswirkung des Endocannabinoid-Systems. Studien zeigen, dass CBD die übersteigerte Cortisolreaktion in Stresssituationen abflachen kann. CBG ist noch jünger in der Forschung, erste Ergebnisse deuten aber darauf hin, dass es ähnliche stresspuffernde Effekte haben könnte. Beide sind also keine Abkürzung, sondern Verstärker einer Balance, die unser Körper von Natur aus anstrebt.

Cortisol bleibt damit ein faszinierendes Beispiel für unser evolutionäres Erbe: einst unser Schutzschild im Kampf gegen Bären, heute ein Risiko im Büroalltag. Doch mit den richtigen Routinen, etwas Achtsamkeit und den passenden Helfern können wir dieses Hormon wieder in den Rhythmus bringen, für den es gedacht war – ein starker Start am Morgen und ein sanftes Abklingen am Abend.

Darum: schaltet ruhig mal einen Gang runter, atmet tief durch und vor allem: Schlaft gut!

In diesem Sinne: Gute Nacht!
Eure Hannah

Quellen & Studien

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